Montag, 15. Oktober 2012

Das Land der schnellen Entwicklung

Heute melde ich mich mal wieder mit einem Bericht, der meine momentanen, persönlichen Eindrücke von Ruanda wiedergibt. Dabei sollte man aber beachten, dass es sich hierbei nur um eigene Eindrücke handelt, die nicht verallgemeinert werden sollten.
Diesen Bericht schreibe ich, weil ich selbst nach nun gut 40 Tagen hier schon sehr viele Veränderungen erkennen konnte. Als wir hier ankamen gab es keine asphaltierte Straße in unserem Viertel. Es waren lediglich die Anfänge einer großen Baustelle zu erkennen. Die Arbeit hier geht relativ schnell voran, trotz mangelnder maschineller Ausstattung. Es sind hier viel mehr Bauarbeiter im Einsatz, als vergleichsweise in Deutschland. Außerdem sind auch sehr viele Frauen auf den Baustellen am arbeiten. Mittlerweile ist schon die Hauptstraße, samt Bürgersteig fertig. Sogar die Brücke über den Bach und das „Wetland“ besteht schon. Alle Straßen hier in der Gegend, die vorher nur mit roter Erde befestigt waren, an denen man gut die Folgen des Regen in Form von Rinnen und Löchern erkennen konnte, werden nun nach und nach alle asphaltiert. Kigali verfügt schon über sehr viele asphaltierte Straßen, welche aber auch aufgrund des immer größer werdenden Verkehrsaufkommen benötigt werden. Das Netz der Hauptstraßen, welches sich nun seit ein paar Jahren über Kigali erstreckt, gehört zu Kigali's gesamten Stolz. Die zweispurigen Straßen sind nach außen durch einen Gehweg abgegrenzt und verfügen in der Mitte über einen großzügigen, mit Palmen bepflanzten, Grünstreifen. Die Bordsteine sind abwechselnd schwarz und weiß gestrichen. Vor den Bordsteinen befinden sich flache Lichter auf den Straßen, die die Orientierung in der Nacht erleichtern. Die Lichter sind sehr stabil und flach, sodass man auch mit dem Auto drüber fahren kann. Auf der Oberseite ist eine Solarzelle, die für genug Strom sorgt. Bei Dunkelheit leuchten die Lichter nach vorne hin gelb und nach hinten rot. Bushaltestellen sind grün markiert und Kreisel blau. Die Hauptstraßen sind also sehr modern und können sich sich gut als vorbildliche Infrastruktur beweisen. Anders sieht es mit den meisten Wohnsiedlungen aus. Zwar kann man in Kigali keine Slums finden, sowie in fast allen afrikanischen Großstädten, denn diese würden hier direkt von der Regierung zerstört werden. Ich denke, dass die Häuser hier gerade so gut sind, als dass man sich nicht mehr als Slum bezeichnen kann. Sehr viele Häuser verfügen über keinen Strom und Wasser. Die Häuser sind auch lediglich nur Lehmhütten, die mit einem Wellblech überdacht sind. Oft macht der Regen den Häusern zu schaffen und lässt sie einbrechen. Wasser wird in Kanistern von Gemeinschaftsbrunnen nach Hause getragen. Gekocht wird auf Kohle. Licht wird durch eine Kerze/Petroleumlampe erzeugt, oder man lebt mit dem Tageslicht. Erstaunlich ist jedoch die Anzahl der Menschen, die über ein Handy verfügen. Es gibt mehr Menschen, die ein Handy besitzen als Menschen, die ohne Strom leben. Auf den Straßen sieht man oft öffentliche Aufladestationen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Reiche in Kigali, die hinter ihren drei Meter hohen Hecken oder Mauern in ihren großen Häusern leben. Wenn sie von der Arbeit mit ihrem riesigen Geländewagen heim kommen, wird ein paarmal laut gehupt, damit der „Houseboy“ zum Tor hechtet und es öffnet. Für solche Neubausiedlungen oder für neue Hotels, Banken oder Bürogebäude müssen die einfachen Wohnsiedlungen immer weichen. Die Einwohner müssen ihre Häuser verlassen und danach werden sie abgerissen. Die Bürger werden zwar ein wenig entschädigt, aber lange nicht ausreichend. Meistens bleibt dann eine Trümmerlandschaft zurück, in der mehrere Jahre keine Veränderungen passiert. Oft kommen noch sehr arme Menschen vorbei und sammeln das nützliches Baumaterial.
In der Innenstadt gibt es ebenfalls unzählige Baustellen. Sehr viele riesige Gebäude werden aufgebaut und mit verspiegelten Fassaden verziert. Die urbane Landschaft von Kigali ändert sich von Jahr zu Jahr. Aber nach dem Masterplan 2020 der Regierung muss es auch so sein. Denn 2020 soll Kigali in komplett renoviert sein. Jeder lebt in einer Villa oder in einem Hochhaus. Ein afrikanisches Dubai quasi. Doch kann man das so schnell umsetzten? Naja, immerhin steht der Plan schon.

Eine der vielen Trümmerlandschaften

Dienstag, 2. Oktober 2012

Wochenendtrip an den Kivusee

Im Hintergrund ein schöner großer Vulkan im Kongo zu sehen
 Letztes Wochenende sind Marvin, mein Mitbewohner, Kibe, unser Nachbar, und Michele, ein italienischer Freund unseres Nachbars, nach Gisenyi gefahren. Gisenyi liegt nordwestlich in Ruanda, direkt am Kivusee und der kongolesischen Grenze.

Kurze Verkehrskontrolle.
Da ich an einem Samstag am Wochenende gearbeitet habe, konnte ich mir den Freitag frei nehmen, sodass wir schon Freitagmorgen den 28.09. starten konnten. Die Fahrt nach Gisenyi war ziemlich anstrengend, denn in Ruanda steht Funktionalität vor Komfort. Der Bus war relativ groß und hatte vier Sitzplätze in einer Reihe. Doch da wir erst sehr spät eingestiegen sind, blieben uns nur noch die Klappsitze im Gang. Wenn man mal gesessen hat, war es auch nicht schlimm. Aber dummerweise mussten alle paar Minuten Fahrgäste aus der letzten Reihe aussteigen und wir mussten den Gang räumen. Die Fahrt war dennoch sehr spannend, denn man hat viel von Ruanda sehen können. Zuerst sind wir eine halbe Stunde bergauf gefahren. In jeder Kurve schwanken alle Passagiere nach rechts, dann nach links. Jedes fällt man auf den Nachbarn, oder der Nachbar auf dich.
Der See mit dem Himmel vereint.
Im Verkehr sind die Ruander auch nicht so gelassen, wie im Alltag, sondern drücken richtig aufs Gas. Fährt man durch eine Ortschaft, drückt man alle zwei Sekunden mal auf die Hupe, damit jeder weiß, dass ein Bus mit erhöhter Geschwindigkeit vorbeifährt. Insgesamt spielt das Hörorgan hier im Verkehr eine viel größere Rolle, als bei uns. Will man die Spur wechseln, wechselt man die Spur ohne zu schauen, ob jemand darauf fährt. Wenn jedoch keiner hupt, scheint sie frei zu sein.
Nach gut zwei Stunden sind wir schon weit im Norden bei Musanze gewesen und man konnte am Horizont schon die ersten Vulkane erkennen. Die Vulkankette im Norden Ruandas, Ugandas und dem Kongo, nennt sich Virunga Vulkane und ist Teil des ostafrikanischen Grabenbruchs. Dieses Gebiet ist aufgrund seiner Schönheit und der dort zum Teil noch lebenden Berggorillas als Nationalpark geschützt. Nach Musanze ging es fast wieder nur bergab. Der Bus fuhr bergab und man konnte nicht weiter als zwei Kilometer durch den diesigen Dunst schauen. Es sah so aus, als würde man in das helle Nichts fahren. Vorbei an einem großen Gefängnis, wo noch immer viele Mörder des Genozids gefangen sind und vorbei an einem UN Flüchtlingslager, welches kongolesischen Flüchtlingen eine Unterkunft bietet, sind wir dann mittags nach drei Stunden anstrengender Fahrt in Gisenyi angekommen. Dort haben wir unser sehr schönes Guesthouse direkt bezogen und haben den Weg zum See gesucht. Das Ufer in Gisenyi ist sehr schön gestaltet. Es existiert quasi eine schöne Strandpromenade, wobei die vielen Restaurants und die Touristen fehlen. Sand wurde künstlich über die Magmaschichten der letzten Vulkanausbrüche aufgeschüttet. Der letzte Vulkanausbruch war dort vor etwa zehn Jahren. Bei diesem Ausbruch ist das Magma bis in die kongolesische Nachbarstadt Goma geflossen, welche direkt an Gisenyi grenzt. An dem Gestein, was überall aufgehäuft war und an dem Boden konnte man gut erkennen, dass man sich in einer Vulkanregion befindet. Neben jedem Feld konnte man einen großen Haufen von Vulkangestein erkennen. Am Abend sind wir noch bisschen durch die Stadt gebummelt und haben uns die Grenze zum Kongo angeschaut. Am nächsten Tag waren wir lange am Strand und sind schwimmen gewesen. Sonntagmorgen sind wir auf die nahe liegenden Hügel gestiegen. Dies war auch eher anstrengend, weil es in Ruanda keinen Fleck gibt, wo keine Menschen leben. Somit waren auch dort sehr viele staunende und bettelnde Kinder. Die Aussicht hat sich dennoch gelohnt. Gut konnte man auch einen sehr großen Vulkan im Kongo sehen. Über diesem Vulkan konnte man nachts sogar einen rot leuchtenden Schleier über dem Schlot erkennen.

Am Nachmittag sind wir wieder schwimmen gewesen. Währenddessen wurde ich von mehreren Afrikanern angesprochen, die nicht wussten, wie man richtig schwimmt. Sie waren zwar in der Lage sich über Wasser zu halten, hatten die Technik aber nicht im Griff. Es war sehr amüsant gleichaltrigen Jugendlichen schwimmen beizubringen. Der See ist nicht allzu riesig und man müsste auch eigentlich immer das andere Ufer sehen können. Doch aufgrund der diesigen Wetterlage ging der See weich in den Himmel über. Ab und zu konnte man einen Horizont von einer schönen Bergkette erkennen. Was man aber immer sehen konnte, war die erste Bohrinsel, die nur drei Kilometer vor der Küste im See liegt. Diese Bohrinsel fördert große Mengen des im See vorhandenen Methans und sichert somit einen großen Teil der Energieversorgung, die sonst nur durch Wasserkraft gedeckt wird. Durch weitere Bohrinseln, die in Planung, oder sogar schon im Bau sind, will man zukünftig nicht nur die eigene Stromversorgung sichern, sondern auch die Nachbarländer beliefern. Somit stellt das vorhandene Methan im Kivusee eine richtige Goldgrube für das sonst eher rohstoffarme Ruanda dar.
Nachdem wir alle unser ganzes Geld ausgegeben haben, sind wir dann Sonntagnachmittag wieder mit einem etwas größeren, aber nicht weniger engem Reisebus zurück nach Kigali gefahren. Die Rückfahrt hat sich sehr lange hingezogen, denn es wurde ziemlich schnell dunkel, ich war müde und der Sonnenbrand hat genervt. Außerdem stießen die Knie, egal wie ich saß an den Vordersitz. Geschafft kamen wir dann um 20:00 Uhr wieder in Kigali an.